Geheimnisvolle Geschichten, Erzählungen über Mord, Tod & Ehebruch und Erinnerungen an bedeutende Personen entlang des Weges - die "Marterl-Wege" in der Alpenregion Tegernsee Schliersee führen Wanderer und Radfahrer entlang zahlreicher kleiner Gedenkstätten, den alpenländischen Marterln, und erzählen auf ganz eigene Weise die Heimatgeschichte der Region. Aus Stein oder Holz rufen die religiösen Denkmäler auf zum kleinen Gebet unterwegs und erinnern an vergangene Schicksale aus der Regionsgeschichte. Auch als Zeichen der Dankbarkeit für überstandene Gefahren oder Seuchen laden sie an besonders schönen Wegstellen zum Innehalten ein. Der Marterl-Führer "Von Marterl zu Marterl - Steinerne Zeugen der Vergangenheit" zeigt die verschiedenen Touren zwischen Mangfall und Leitzach sowie rund um den Taubenberg.
Der Sportbegeisterte Hans Kislinger und der leidenschaftliche Heimatforscher Sepp Hatzl vom Weyarner Arbeitskreis "Marterl" stellen Interessierten auf insgesamt acht Routen die Region entlang der religiösen Kulturdenkmäler mit deren lebendigen Geschichten vor. Erhältlich ist der neue Tourenführer unter anderem beim Dorfladen in Weyarn und beim Tourismus-Informations-Center "SERVUS!" am Irschenberg. Die beiden Lieblingstouren von Sepp Hatzl sind die Tour 3 rund um den sagenumwobenen Seehamer See und die Tour 8 entlang steinerer Erinnerungszeugen im Miesbacher Umland.
Tour 3: Pestmarterl - Naturparadies - Vogelschutzgebiet - Wasserkraft - Von der Vergangenheit in die Neuzeit
Auf der circa acht Kilometer langen Rundweg-Wanderung erfahren Gäste zahlreiche Sagen und Geschichten sowie Wissenswertes über die regenerative Kraft des Seehamer Sees. Beginnend und endend am Parkplatz Großseeham geht es für die Urlauber in Richtung Bruck. Hinter der Rupertuskirche am Rande des ehemaligen Pestfriedhofs finden sie das erste Marterl des Weges, das Brucker Pestmarterl. Im Jahr 1996 wurde dieses als jüngstes Marterl aufgestellt und erinnert Wegkreuzende noch heute an die Pest, die die Bevölkerung hier bis ins Jahr 1634 heimsuchte. Anschließend geht es auf dem Weg in Richtung Neukirchen zum Ort Kleinseeham. Hier gedenkt das steinere Marterlkreuz mit den Initialen HH und der Jahreszahl 1684 an den Bauern Johannes (Hans) Hager, der hier vom Baum gefallen ist. Nach kurzem Verweilen führt der Weg vorbei an der ehemaligen Staumauer des Seehamer Sees mit Blick auf die zwei idyllischen Inseln.
Über den Mangfallkanal führt die Strecke hin zu einem kleinen Waldstück mit einer kuriosen Wasserstelle, die von den Einheimischen "Teifirührdi" genannt wird. Der Legende nach lebt in dieser Wasserstelle der Teufel, der auf den Ruf "Teifi rühr di" den Sand auf dem Grund des Gewässers auf und ab bewegt. Über hölzerne Bohlen geht es weiter durch unberührtes sumpfiges Gelände hinunter zum Ufer des Sees, vorbei am Grenzstein des Kloster Weyarns aus dem 15. Jahrhundert. Der Weg führt zur Mündung des Leitzachstollens in den Seehamer See, der, wie auch das Auslaufwerk, mit Wasserkraft für die umweltschonende Stromversorgung des Großraums Münchens dient. Eine Infotafel der Stadtwerke München klärt hier über Wasserenergie, Klima- und Umweltschutz auf. Die Tour endet am Ausgangspunkt, vorbei an der Dorfkapelle aus dem 18. Jahrhundert in der Ortschaft Großseeham.
Tour 8: Vom Ursprung der Tracht und des Fleckviehs im Miesbacher Umland
Auf dieser Radtour sehen die Gäste die meisten Flurdenkmäler der insgesamt acht Touren. Die etwa 17 Kilometer lange Route startet an der Haltestelle der Bayerischen Oberlandbahn in Miesbach. Bekannt ist die Stadt als Wiege der Trachtenbewegung mit ihrer Miesbacher Tracht, für die vielen typischen Lüftlmalereien an den Fassaden der Häuser und für das Miesbacher Fleckvieh. Vom Bahnhof aus führt die Straße die Radler zu Gut Wallenburg, Schlosspark und Schloss Wallenburg am Wallenburger Berg. Bis 1734 diente es als Sitz für die Reichsgrafen von Hohenwaldeck und besteht heute aus einem landwirtschaftlichen Betrieb, einer Gärtnerei und einem regionalen Bio-Laden. Anschließend geht es weiter zum Ort Markstein. Am Wegesrand entdecken die Radfahrer nach einem kurzen Waldstück ein kleines steinernes Kreuz mit Bild aus dem 18. Jahrhundert. In der Malerei entdecken Kundige die Legende: Es zeigt, dass der Karlingerbauer hier vom Schlag getroffen wurde. Andere Überlieferungen halten dieses Marterl entgegen der Legende nur für einen Grenzstein. Der weitere Weg führt bergauf über Markstein mit belohnendem Ausblick auf Wendelstein und Breitenstein.
In Kleinpienzenau, der nächsten Ortschaft, versteckt sich ein weiteres Marterl im Mauerwerk des Anwesens zum "Schlosser". Der Tuffstock stammt aus dem 17. Jahrhundert und gedenkt des heiligen Leonhards, dem Schutzpatron des Viehs. Anschließend geht es in Richtung Neukirchen. Auf dem Weg wartet ein Sandsteindenkmal aus dem Jahr 1898, aufgestellt nach dem Fuhrwerk-Unfall des verstorbenen Pfarrers Corbinian Sixt von Neukirchen. An der nächsten Kreuzung führt der Weg Richtung Thalham, vorbei an einem kleinen verwitterten Steinkreuz aus dem 16. Jahrhundert und noch weiteren Bild- und Kreuzstöcken.
Weiter geht die Fahrt entlang der Mangfall zwischen Thalham und Miesbach, den Wendelstein im Blick. Bevor der Ausgangspunkt erreicht ist, fällt das "Sachs"-Marterl, ein Mahnmal nach einem Mord, am Straßenrand ins Auge. In der Stadt Miesbach angekommen, erkunden Gäste die kleinen Gässchen der Altstadt mit den typischen Bürgerhäusern und deren Lüftlmalereien, wie beispielsweise in der Kirchgasse der Stadt.
Weitere Informationen zum "Marterl-Führer" und den verschiedenen Wander- und Radtouren in der Alpenregion Tegernsee Schliersee gibt es beim Tourismusverband Alpenregion Tegernsee Schliersee e.V. unter www.tegernsee-schliersee.de